Sie sind scharf.
Sie sind der kostbarste Schatz ihrer Besitzer.
Sie alle haben einen Namen:
Schwerter und Klingen aus Mythen und alten Legenden.
Viele kennen die Sage um das Zauberschwert Excalibur, das König Artus aus dem Stein zog und sich damit die rechtmäßige Herrschaft über England sicherte.
Die meisten dürften auch Arundil kennen - Aragorns Schwert aus "der Herr der Ringe", das er im Kampf um die Mittelerde gegen Sauron schwingt.
Aber ich vermute:
Du bist aus einem anderen Grund hier.
Du möchtest wohl mehr über den japansichen Alleskönner – das Universalmesser des 20sten Jahrhunderts erfahren?
In diesem Fall:
Hier bist du richtig.
Dieser japanische Alleskönner hat einen Namen:
Santoku.
Was bedeutet Santoku? Wofür steht das Wort? Was alles kannst du damit machen?
Erfährst du, wenn du weiter liest.
Aber vorher:
Welche Geschichte steckt hinter dem bekanntesten Messer des 20. Jahrhunderts?
Das hier ist kein politischer Ausflug, doch:
Ende des 19. Jahrhunderts bekam Japan erstmals eine Verfassung und übernahm damit das deutsche Bürger-Gesetzbuch. Warum ist das wichtig?
Diese Reformation katapultierte die japanische Küche über 1.000 Jahre in die Zukunft, denn seit 675 war es in Japan verboten, Fleisch zu essen – teils aus religiösen Tabus, teils aus gesetzlichen Erlassen.
Über eintausend Jahre lang aßen die Japaner deshalb nur Fisch, Obst und Gemüse – und Reis.
Es gab nur wenige Restaurants, die Fleisch servierten – und dieses war nur wenigen Personen der Obrigkeit vorbehalten und nur zu zeremoniellen oder wenigen festlichen Anlässen.
Zurück in die Gegenwart:
Die Reformation forcierte die Japaner dazu, Fleisch zu essen. Da gab es aber ein Problem.
Welches?
Jedes japanische Messer wurde für einen bestimmten Zweck geschmiedet:
- Gemüse hacken
- Gemüse trournieren
- Fischköpfe abtrennen
- Fische filetieren
- Aber Fleisch?
Du siehst das Problem, oder?
Für den neuen Fleischkonsum mussten neue Messerarten her.
Dazu gehören:
Das Gyuto – die Rinderklinge.
Und das Santoku – die Klinge der 3 Tugenden.
Was diese 3 Tugenden sind, das weiß niemand so genau.
Um genau zu sein:
Es sind ganze 12 Tugenden.
Warum?
Hier ist die Antwort:
Santoku: Messer der 3 (+9) Tugenden
Je nach dem, welchen Experten, Fan oder Sammler du fragst, bekommst du folgende Antworten:
Version 1: 3 Nutzen des Santoku
1) Fisch
2) Fleisch
3) Gemüse zu schneiden?
Version 2: 3 verschiedene Schneidentechniken
1) ziehend
2) drückend
3) hackend
Version 3: 3 unterschiedliche Klingenbereiche
1) die Spitze für feine Einschnitte
2) die Schneide in der Mitte für ihre vielfältigen Schneidetechniken
3) die Ferse, der hinterste Bereich der Klinge, für besonders druckvolle Schnitte
Version 4: 3 traditionelle Messertypen im Santoku vereint
1) Deba
2) Usuba
3) Yanagiba
Doch was ist das Santoku Messer genau?
Welchen Zweck erfüllt es und wie kannst du damit ordentlich arbeiten?
Das siehst du hier:
Was ist ein Santoku Messer?
Das Santoku ist das bekannteste Messer Japans.
Du erkennst es sofort an der Klingenform.
Das Original aus Japan sieht etwa so aus:
Dieses Santoku ist im traditionellen Stil geschmiedet, bedeutet:
- es ist aus japanischem Stahl mit einem Suminagashi-Finish (Damstmuster)
- es ist traditionell einseitig geschmiedet – für Rechtshänder
- der Griff hat die traditionelle Achteckige Form (oft haben traditionelle Griffe eine Ovalform, die für Rechtshänder angepasst ist)
Die europäische Version aus deutschem Stahl sieht so aus:
Die Merkmale europäischer Santoku Messer:
- es ist geschmiedet aus Edelstahl, mit einer gepliesteten Oberfläche
- es ist beidseitig geschliffen
- der Griff ist typisch westlich
- es ist leichter als ein Kochmesser – aber immer noch schwerer als das japanische Original
Was sind die wichtigsten Eigenschaften des Santoku?
Auf einen Blick:
- Das Messer hat ein breites Klingenblatt
- Der Griff und Klingenrücken bilden eine gerade Linie
- Der Klingenrücken und die Schneide verlaufen parallel
- Die Messerspitze ist nach unten hin abgerundet - wie der Schnabel eines Raubvogels
- Die Klinge ist meistens etwa 16 cm lang
- europäische Varianten haben oft Kullen im Klingenblatt
Es gibt aber auch Unterschiede.
Manchmal ist das Messer länger. Je nach Vorliebe gibt es verschiedene Klingen-Finishes. Die Griffe unterscheiden sich im Stil, Form und Material. Die Klinge läuft nicht immer parallel zum Messerücken.
Wie etwa hier:
Welche Vorteile hat das Santoku und wie benutzt du es richtig?
Schauen wir uns das an:
1) Das breite Klingenblatt
Durch das breite Klingenblatt liegt der Griff beim Santoku weit über dem Schneidebrett – anders als bei fast allen anderen Küchenmessern.
Der Vorteil?
Du kannst den Griff mit deiner Hand komplett umfasse – ohne beim Schneiden mit den Fingerknöcheln das Schneidebrett zu berühren.
Außerdem kannst du das große Klingenblatt entlang der Fingerknöchel führen und dabei deine Lebensmittel im sicheren Krallengriff halten.
2) Klingenrücken und Schneide sind parallel zueinander
Beim klassischen Kochmesser steigt die Schneide im Bogen zur Spitze hin.
Die Folge ist eine geschwungene Schneide, die sich für verschiedene Schneidetechniken eignet: Wiegeschnitt, der Slicer oder der Chef-Chopper.
Beim Santoku ist die Schneide parallel zum Rücken.
Der Vorteil?
Du kannst damit großes Gemüse in langen Julienne Streifen hacken – schnell, präzise und sauber.
3) Abgerundete Messerspitze
Beim Schneiden gilt:
Sicherheit geht vor.
Die abgerundete Spitze des Santoku senkt das Verletzungsrisiko.
4) Kullen im Klingenblatt
Die Kullen beim Santoku sind keine Deko, sie bietet auch einen Nutzen:
Diese Vertiefungen verhindern, dass saftiges oder klebriges Schnittgut an der Klinge kleben bleibt.
Die Unterschiede zischen einem Santoku und einem Kochmesser
Kommen wir sofort zur Sache.
Hier sind die Unterschiede:
Santoku Messer
|
Kochmesser
|
Du merkst:
Das Santoku Messer ist nicht schlechter als das Kochmesser und umgekehrt ist das Kochmesser nicht besser als ein Santoku.
Beide Messer haben ihre Funktion.
Mit einem Santoku kannst du einfacher weiche Lebensmittel wie Tomaten, Zwiebel oder Fleisch schneiden. Doch bei den härteren Lebensmittel kann die Klinge im Microbereich ausbrechen, wenn du grob an die Sache herangehst.
Sprich:
Ein Kochmesser eignet sich besser für unerfahrene Hände – ein Santoku Messer findet bei allen Beliebtheit, die grundsätzlich eine schärfere Klinge haben möchten.
Wie schärft man ein Santoku Messer?
Ein europäisches Santoku kannst du wie jedes andere Messer schärfen und wetzen.
Dazu brauchst du nur etwas Übung und das passende Schärfmittel.
Hier ein kleine Übersicht, wie's gemacht wird:
- Nimm dir eine rutschfeste Unterlage und positioniere dein Schleifstein darauf.
- Danach nimmst du dein Messer und positionierst die Klinge circa im 15° Winkel auf dem Schleifstein.
- Bei gleichmäßigem Druck schiebst du die Klinge nach vorne - und wieder zurück. Das machst du so lange, bis auf der Klingenseite, die nach oben zeigt, ein feiner Grat bildet.
- Danach wendest du die Klinge und wiederholst die Prozedur, bis der Grat verschwunden ist.
Was ist ein Grat?
Das erkläre ich dir hier in unserer detaillierten Anleitung:
Wie du deine Messer rattenscharf schleifen kannst - einfach erklärt, damit du sofort loslegen kannst.
Bei japanischen Messern sieht es allerdings anders aus.
Weil der Stahl in der Regel eine Härte von über 60 HRC hat, ist die Klinge einerseits sehr widerstandsfähig und macht das Schleifen zu einem rauen Kampf.
Anderseits ist der Stahl sehr penibel und verzeiht keine Fehler beim Schleifen - wenn du also im falschen Winkel die Klinge hältst oder zu viel Material verschleifst, verzeiht es dir dein Messer nicht.
Sprich:
Du kannst dein japanisches Santoku schnell kaputt schleifen.
Deshalb empfehle ich dir, dein Messer von einem Profi-Schleifservice zu schärfen.
Wenn du scharfe Messer liebst, dann wird dich das auch interessieren:
Heute hast du die wichtigsten Lektionen über das Santoku Messer gelernt.
Du kennst du nun:
- Die Geschichte des Santoku Messers
- Den Unterschied zwischen einem Kochmesser und einem Santoku Messer
- Und wenn dich jemand fragt, was ein Santoku Messer ist, kannst du ihm eine ausführlichere Antwort geben, als Wikipedia.
Aber dein "Knife-Know-How" soll natürlich nicht mit dem Santoku Messer enden.
Ich habe hier noch einige Themen, die dich interessieren werden, wenn Messer genau so liebst, wie wir es tun:
Willst du mehr über deutsche Messer erfahren und wissen, warum die Stadt Solingen auch als "Welthauptstadt der Küchenmesser" bezeichnet wird? Dann schau dir unseren Beitrag über die Küchenmesser Solingen an.
Wenn du aber noch tiefer in den Messer-Dschungel eintauchen willst, dann brauchst du dich nicht durch dichtes Gestrüpp und hängende Lianen beißen. Folge einfach unserer Wegbeschreibung, die dich zum Kern eines jeden Messers führt:
Lerne, welche Messerstähle es gibt und blicke hinter die Kulissen und erfahre, wie man den HRC Wert bestimmt.
Hast du noch Fragen?
Die meisten fragen sich, wie viele Messer man in der Küche am besten haben soll. Und danach kaufen sie sich ein Messer nach dem anderen ...
Aber so viele Messer brauchst du gar nicht. Um genau zu sein:
Wie ein stabiles Haus brauchst du nicht 5 verschiedene Betonarten - sondern nur das richtige Fundament. Und hier zeige ich dir, warum du kein Messerset aus 18 verschiedenen Klingen brauchst - sondern nur 3 grundlegende Messer, mit denen du alles erledigen kannst.
Wenn du allerdings schon eine stattliche Messersammlung hast, dann solltest deine Messer auch richtig pflegen.
Hier zeige ich dir, wie man hochwertige Messer reinigen - schnell, schonend und einfach.
Und damit deine Messer auch alle scharf sind, hab ich noch was nützliches für dich:
Eine einfach Anleitung, wie du deine Messer schleifen kannst und:
Eine Liste der passenden Messerschärfer.
Für mehr Inspiration kannst du dich auch durch unsere ultimativen Listen klicken:
1) Die 55 besten Foodblogs in Deutschland - und ihre Lieblingsrezepte [2024]
2) 50 Sterneköche und ihre Messer: Welche Messer empfehlen Profiköche?
3) Die 30 wichtigsten Messerarten in der Küche - das fast vollständige Messerlexikon
4) 21 Schneidetechniken, die dich garantiert zu einem schnell schnibbelnden Profikoch machen
5) Die 5 wichtigsten japanischen Messer für Profis und Hobbyköche
Für die ganz neugierigen habe ich auch etwas:
Hier ist ein Investigativ Bericht über das bekannteste Messer der Welt:
Huusk Messer: Fake oder echt? Die GANZE Wahrheit
Und:
Horl 2 Rollschleifer: Nur ein gigantischer Hype um Nichts? [ein schonungsloser Test]
PS
Hier zeige ich dir, wie du deine Messer entsorgen kannst [No-Bullshit-Guide]
1 Kommentar
Für mich als Messersammler ein sehr informativer und ausführlicher Artikel.👍