Gyuto Messer

Gyuto Messer: Das Lieblingsmesser der Japaner – alles was du darüber wissen solltest und wo du es kaufen kannst

Es ist das Jahr 675 und ein Kaiser, dessen Name in den Analen der Geschichte verloren gegangen ist, beschließt ein Dekret:

„Fleisch essen? Ab heute verboten.“

Dieses Gesetz hält sich bis zum 28. März 1876.

Als Handelsschiffe in den 1870er Jahren aus Europa in den japanischen Häfen eintreffen und die Japaner Menschen sehen, die bärtiger, muskulöser und mehrere Köpfe größer sind, wird der Kaiser stutzig.

„Was ist euer Geheimnis“, fragt er einen der Generäle.

Dieser weiß nicht, was er darauf erwidern soll. Für ihn ist sein „Geheimnis“ eine Alltagssache. Eine Essgewohnheit. Nichts, was auch nur den Hauch eines Geheimnisses versprühen würde.

Nach vielen Gesprächen zieht der Kaiser sein Fazit:

„Es ist das Fleisch. Die Europäer essen so viel Fleisch — es muss einfach daran liegen.“

Von da an ermutige der Kaiser sein Volk, aktiv Fleisch zu essen.

Es dauerte Jahrzehnte, bis sich der Fleischkonsum in der Kultur etablierte.

Doch mit der neuen Essgewohnheit entwickelten sich auch neue Messer.

Eines dieser Messer ist das Gyuto.

Übersetzt: Rinderklinge.

Die Amis nennen es das „Rinderschwert“

Das Gyuto ist die japanische Version des westlichen Kochmessers — nur schärfer, härter und japansicher.

Warum das Gyuto unter den Profiköchen und Messer-Sammler als das perfekte Messer gilt, verrate ich dir in diesem Artikel.

Vorher klären wir eine wichtige Frage:

Wie sind japanische Messer zu ihrer überragenden Qualität gelangt?

Shokunin.

Sie sind dafür verantwortlich.

Übersetzt:

Kunsthandwerker.

Die japanische Schmiedekunst, die heute die besten Küchenmesser der Welt hervorbringt, beruht auf der Tradition der Shokunin.

Aber was ist das genau?

Dabei geht ein Jüngling in die Lehre eines Schmiedemeisters und führt die Arbeit, die Technik und die Traditionen seines Lehrers sein Leben lang fort. Er tut nichts anderes als das, was er von seinem Meister gelernt hat. Er wechselt nicht nach 3 Jahren das Unternehmen. Er orientiert sich nicht nach 5 Jahren um, weil ihm seine Arbeit langweilig vorkommt. Er sucht nichts neues, weil die Arbeit eintönig ist oder weil er eine Abwechslung braucht.

Er tut das, was er gelernt hat:

Messer schmieden – so lange, bis er eine perfekte Klinge in den Händen hält.

Und danach?

Danach macht er genau so weiter. Mit jedem Tag versucht er der Perfektion, dem vollkommenen Messer, näher zu kommen.

Bedeutet:

Wenn du ein echtes, japanisches Messer in der Hand hältst, steckt darin die Erfahrung und Leidenschaft aus über Eintausend Jahren.

Deshalb zählen japanischen Messer zu den Besten auf dem Planeten – gegründet auf der Shokunin-Lehre.

Diese Tradition der Shokunin ist so tief in der japanischen Kultur verwurzelt, dass einige Messerschmiede in Japan zu lebendige Nationalheiligtümern erklärt wurden.

Aus dieser Shokunin-Tradition haben sich hochfunktionelle Küchenmesser mit höchster Zweckanpassung entwickelt:

  • Yanagiba
  • Nakiri
  • Deba

Und eines der jüngsten Mitglieder der japanischen Super-Messer:

Das Gyuto.

 

Was ist ein Gyuto Messer?

Gyuto Messer

Das Gyuto ist das beliebteste Messer in Japan.

Doch auch in Europa und im Rest des Westens zählt das Gyuto zu den beliebtesten Messern bei Profiköchen.

Einige werden sich fragen:

„Warum? Das Gyuto Messer sieht doch aus wie ein normales, großes Kochmesser. Was ist daran so japanisch?“

Richtig:

In Form und Aussehen unterscheidet sich das Gyuto nicht von unserem deutschen Kochmesser.

Was zählt ist das, was drinnen steckt.

Wie ist das gemeint?

Das Gyuto Messer ist ein wabochi — ein modernes, japanisches Messer.

„Modern“ bedeutet in diesem Kontext:

Es hat die Klingenform, den Griff und das Aussehen des europäischen Kochmessers – doch der Stahl, das Material, der Schliff, die Zusammensetzung:

All das ist japanisch.

Was heißt das?

Machen wir dazu einen kurzen Ausflug ins 19. Jahrhundert:

In Japan dürfen die Einwohner wieder Fleisch essen.

Da gibt’s aber ein Problem:

Wie sollen sie das zubereiten?

Die Shokunin machen zwar ausgezeichnete Arbeit, doch all ihre Messer sind extrem spezifisch und die jeweiligen Schnittgüter, Lebensmittel und Zutaten angepasst:

Deshalb eignet sich keines dieser Messer zum Fleisch parieren, Fleisch hacken oder Fleisch ausbeinen.

Was tun?

„Wir brauchen ein Rinderschwert!“

Aber wie soll es aussehen?

Hier kommen die Schiffshändler aus dem Westen ins Spiel, die alle ein bestimmtes Messer auf ihren Schiffen hatten. Ein Messer, womit sie alles geschnibbelt haben.

Das Kochmesser:

Dick, klobig, schwer, stumpf und eigentlich unbrauchbar – aber dank des doppelseitigen Schliffs und der einfachen Form für jedes Lebensmittel geeignet.

Die Lösung war gefunden:

„Wir schmieden ein westliches Kochmesser – doch wir machen es besser.“

So entwickelten die Schmiede nach dem Vorbild des westlichen Kochmessers das Gyuto.

Die Eigenschaften:

  • Doppelseitiger Schliff
  • Lange, breite Klinge
  • Runder Griff mit weichen Kanten
  • Sowohl für Rechtshänder als auch Linkshänder geeignet

Mit einer kleinen Anpassung:

  • Japansicher Hightech-Stahl,
  • traditionelle japanische Schärfe
  • und so leicht wie ein kleines Stück Alu-Blech.

Heut gibt es 2 Arten von Gyuto. Sie unterscheiden sich nicht in Qualität, sondern im Design.

Sprich, es gibt das traditionelle Design:

  • beidseitig geschliffen
  • traditioneller Griff aus Holz
  • traditionelles Griffform
  • verschiedene Oberflächen-Finishs(Tsuchime, Nashiji, Kurouchi, Migaki, Suminagashi)

Und es gibt das moderne, westlich geprägte Design:

  • beidseitig geschliffen
  • westliche Griffform
  • verschiedene Griffmaterialien
  • häufig in zwei Oberflächen-Finishs (Migaki, Sumingashi)

 

Was macht das Gyuto Messer so besonders?

#1 Es ist leicht

Das Gyuto ist leicht und hat einen schmalen Klingenrücken. Dadurch ist das Gyuto leichter als zum Beispiel ein klassisches Messer aus Solingen.

Vorteil?

Eine leichte Klinge kannst du leichter führen. Jedoch musst du beim Schneiden etwas mehr Kraft aufwenden; denn auch wenn die Messer rattenscharf sind — ganz ohne Druck kannst du im Alltag nicht schnibbeln.

Aber:

Das leichte Gewicht schont deine Handgelenke und es macht tatsächlich einen großen Unterschied, je länger du am Stück schneidest.

 

#2 Es schneidet mit einem Hightech Stahl

Klassische Gyutos werden aus japanischen Hightech-Stählen gestanzt, darunter Aogami oder Shirogami.

Messer aus japanischen Stählen sind härter; sie haben eine festere Struktur und können deshalb sehr fein ausgeschliffen werden — ohne das die Schneide abbricht.

Aus diesem Grund sind Gyutos schärfer als europäische Messer und bleiben bei korrekter Nutzung auch länger scharf.

Hier erfährst du mehr über das Thema Messerstahl – alles, was du wissen solltest.

 

#3 Es bleibt lange scharf

Gyutos aus japanischem Stahl haben eine Härte über 61 HRC.

Diese darfst du auf keinen Fall als Hebel, als Nussknacker, Schalenaufbrecher, Hackbeil oder Knochensäge nutzen.

Niemals.

Dadurch zerstörst du die Klinge binnen Sekunden, weil der Stahl hart und unflexibel und deshalb fragil ist.

Nutze es für den Zweck, für den es geschaffen wurde:

Schnell und einfach zu schnibbeln.

 

#4 Es ist ein ideales Einstiegsmesser.

Gyutos sind ein idealer Einstieg in die japanische Messerwelt, weil es sie im westlichen Design entwickelt, aber aus japanischen Materialien und japanischer Schlifftechnik hergestellt werden.

Anders gesagt:

Du brauchst dich nicht an dieses Messer zu gewöhnen, deine Schneidetechniken, deine Essgewohnheiten oder deinen Nachnamen zu ändern, damit es japanischer klingt.

Du kennst das Messer bereits, wenn du schon ein Kochmesser besitzt.

Es ist nicht viel anders und die Umstellung erfolgt reibungslos.

Anders sieht es bei traditionellen japanischen Messern aus.

 

#5 Nutze es für alle Lebensmittel

Mit dem Gyuto Messer kannst du alles schnibbeln – Fisch filetieren, Fleisch parieren, Brunoise Gemüse schnibbeln, Obst dekorativ anschneiden und mit nervigen Nachbarn argumentieren.

Spaß bei Seite.

Nutze es als Universalmesser – meide aber gefrorene Lebensmittel und die Spülmaschine.

 

Möchtest du auf japanische Messer umsteigen?

Dann zögere nicht.

Das Gyuto Messer ist eine optimale Tür in die japanische Küche.

Du lernst die japanische Überlegenheit in puncto Schärfe, Schnitthaltigkeit und Handhabung kennen, ohne dich auf ein japanisches Messer umstellen zu müssen.

Hast du noch Fragen?

Schreib sie in die Kommentare oder klicke auf das Chat Symbol – wir antworten schnell.

 

Für mehr Inspiration kannst du dich auch durch unsere ultimativen Listen durchklicken:

1) 50 Sterneköche und ihre Messer - welche Messer empfehlen Profiköche?

2) Die 55 besten Foodblogs in Deutschland und ihre Lieblingsrezepte [2024]

3) Die 30 wichtigsten Messerarten in der Küche - und wofür die sie brauchst

4) 21 Schneidetechniken, mit denen du wie ein Profi schnibbeln kannst

5) Top 10: Die besten Bücher über gesunde Ernährung, die du 2023 lesen solltest

Schärfste Grüße,

Dein Alex

 

PS

Neulich habe ich den Horl Rollschleifer getestet.

Ich war positiv überrascht: Es hat viele Vorteile, aber auch lästige Nachteile.

Welche das sind?

Das kannst du hier nachlesen:

Horl 2 Rollschleifer: Nur ein großer Hype? 

 

PPS

Wenn das Huusk Messer schon mal deinen Weg gekreuzt hat – das “japanische Wikinger-Messer” dann solltest du es so gut meiden wie das C-Virus.

Hier erfährst du warum:

Huusk Japan – der große Internetbetrug der letzten Jahre

Zurück zum Blog

Hinterlasse einen Kommentar

Bitte beachte, dass Kommentare vor der Veröffentlichung freigegeben werden müssen.